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STATIONÄRE BETREUUNG

Die stationäre Betreuung der Jugendlichen wird vom Hauptsitz der Möwe von Bad Vilbel aus organisiert. 20 Mitarbeiter sind in Wohnungen und Häusern in Bad Vilbel, Mühlheim, Offenbach und Frankfurt im „Betreuten Wohnen“ tätig, das nach einem Baukastenprinzip konzipiert ist. Mit zunehmenden Grad der Verselbständigung der Jugendlichen nimmt der Umfang der Betreuung ab - bis die Möwe die Jugendlichen mit nur noch wenigen Fachleistungsstunden pro Woche in ihren eigenen Wohnungen begleitet. Ziel ist es, sich schließlich von Persönlichkeiten zu verabschieden, die ihr Leben eigenverantwortlich und selbstbewusst in die Hand nehmen.


Möwe Jonathan
Verein zur Förderung der Jugendhilfe und Erwachsenenbildung
Herrn Uwe Parpart - Bereichsleiter Jugendhilfe stationär
Pestalozzistr. 8
61118 Bad Vilbel

Telefon 06101-80318-30
Fax 06101-80318-19
E-Mail
u.parpart@moewe-jonathan.de

EIN TAGESABLAUF IN DER WOHNGRUPPE

Bad Vilbel

In unserer „innengeleiteten Verselbständigungswohngruppe“ in Bad Vilbel bieten wir bis zu acht jungen Frauen und Männern eine Wohn- und Lebensperspektive. In ihrem vielfältigen All­tagserleben können sich die Jugend­lichen auf das sie begleitende, unterstützende und stabilisierende pädagogische Team verlassen. Der Begriff „innengeleitet“ steht hierbei für eine „Rund um die Uhr Betreuung“ an 365 Tagen im Jahr.

6:00 Uhr: Es ist Dienstbeginn. Die Jugendlichen werden entsprechend ihres Tagesablaufs geweckt und das Frühstück durch den diensthabenden Pädagogen vorbereitet.

6:30 – 9:00 Uhr: Es wird gefrühstückt und hierbei abgeklärt, wie sich der Tag für jeden Einzelnen nach der Rückkehr von Schule oder Ausbildungsbetrieb gestaltet. Termine werden abgesprochen und bei Bedarf organisiert.

9:00 – 9:30 Uhr: Der „Nachtdienst“ wird durch den „Tagdienst“ abgelöst und wichtige Termine und Ereignisse, die auch bereits schriftlich festgehalten wurden, nochmals bei der Ãœbergabe besprochen.

Einmal in der Woche findet in der Zeit von 9:00 – 12:00 Uhr eine Teamsitzung statt, an welcher das gesamte Team plus Bereichsleiter teilnehmen. Hier werden pä­dagogische und organisatorische Belange umfassend besprochen, Lösungen zu bestehenden Problematiken diskutiert und Vorgehensweisen beschlossen.

9:30 – 14:30 Uhr: In dieser Zeit befinden sich die Jugendlichen in der Regel in der Schule oder in der Ausbildung. Diese Stunden werden genutzt, um administrativen Aufgaben nachzugehen. Ämter müssen mit Informationen versorgt, Termine mit Schulen, Eltern und Vormündern vereinbart sowie Anträge angefordert und vorbereitet werden. Darüber hinaus werden Berichte geschrieben, Dienstpläne überarbeitet und fertig gestellt sowie Abrechnungen erledigt.

Alle vier Wochen findet eine Supervision von 11:30 – 13:00 Uhr statt.
14:30 Uhr: Der „Tagdienst“ übergibt in oben beschriebener Weise an den „Nachtdienst“.

14:30 – 17:30 Uhr: Nach und nach füllt sich das Haus wieder mit den Jugendlichen. Nun steht die Unterstützung bei den Hausaufgaben im Vordergrund. Es werden gemeinsam Termine wahrgenommen und Lebensmittel eingekauft. Es ergibt sich Zeit für individuelle persönliche Gespräche mit Mitbewohnern und pädagogischen Betreuern.

17:30 – 19:00 Uhr: Der „Nachtdienst“ bereitet das Abendessen für alle Hausbewohner vor. Der wöchentlich ausgearbeitete Küchenplan legt fest, welcher Jugendliche an welchem Tag beim Kochen mithilft. Gerade in dieser ungezwun­genen Atmosphäre entstehen gute Gespräche.

19:00 Uhr: Das gemeinsame Abendessen findet statt. Hier wird der Tag reflektiert und die Gestaltung der verbleibenden Freizeit besprochen.

20:00 – 23:00 Uhr: Nach dem Essen nutzen die pädagogischen Betreuer die Zeit, um gemeinsam mit den Jugendlichen Sport zu treiben, Gesellschaftsspiele zu spielen, gemeinsam Fernsehen zu gucken oder ihnen einfach nur zuzuhören. Später wird für die Kollegen der Tagesplan mit Informationen und Terminen für den nächsten Tag vorbereitet. Sämtliche Tagesgeschehnisse werden im Ãœbergabebuch dokumentiert.

23:00 Uhr: Offizieller „Feierabend“. Alle Jugendlichen sind nun auf ihren Zimmern und bereiten sich auf die Nachtruhe vor. Bei Bedarf sind die pädagogischen Betreuer natürlich weiterhin ansprechbar, ansonsten nutzen sie ihre Ruhezeit.

An den Wochenenden verbringen die Betreuer viel Freizeit mit den Jugendlichen. In dieser Zeit stehen gemeinsame Aus­flüge in die Region, Sport, gemeinsames Kochen, Kinogänge oder andere Aktivitäten auf dem Programm. Diese Zeit kann auch für individuelle Gespräche, die sich aus den Geschehnissen der vergangenen Woche oder aus Vereinbarungen der Teamsitzung ergeben, genutzt werden.



EIN JUGENDLICHER KLOPFT AN

Einblicke in die „stationäre Jugendhilfe“ –
Interview mit Herrn Uwe Parpart

Herr Parpart, können Sie uns als Bereichsleiter der „stationären Jugendhilfe“ in groben Zügen den Aufnahmeablauf eines Jugendlichen erläutern?

Gerne. Die Möwe wird über das Jugendamt beauftragt. Die Jugendlichen wenden sich in der Regel somit nicht direkt an uns, sondern wir benötigen einen Auftrag des Jugendamts. Das heißt nicht, dass Jugendliche, die uns kennen, nicht den Wunsch äußern können, bei uns untergebracht zu werden. Sheila Böhm z.B., eine Ehemalige, die Sie in unserem Grußwort kennengelernt haben, ist auf diesem Weg zu uns gekommen. Das Jugendamt aber ist die vorgeschaltete Instanz. Es ermittelt den Bedarf und entscheidet, ob die Jugendlichen ambulant betreut werden sollen, da die Nähe der Familie für die Maßnahme wichtig ist, oder ob eine stationäre Unterbringung der Problematik der Jugendlichen eher entspricht. Sobald das Jugendamt feststellt, dass eine „Hilfe zur Erziehung“ angebracht ist, wird eine Anfrage an einen passenden Träger – wie die Möwe – gestellt.

Das Jugendamt tritt häufig mit einer telefonischen Anfrage an uns heran, um herauszufinden, ob freie Kapazität vorhanden ist. Trifft dies zu, so lasse ich mir die entsprechenden Unterlagen schicken. Dabei versuche ich anhand der mir vorliegenden Daten einzuschätzen, in welcher Wohngruppe dem Jugendlichen die aus seiner Sicht besten Entwicklungsmöglichkeiten geboten werden.

Hierbei spielt auch die Zusammensetzung der jeweiligen Gruppe eine nicht zu unterschätzende Rolle. Die Jugendlichen müssen die Chance haben, miteinander auszukommen, ansonsten riskiert man, dass Ziele nicht erreicht werden und wirft unter Umständen eine bis dato funktionierende Gruppe in ihrer Entwicklung zurück.

Auch die Zusammensetzung des Betreuerteams ist wichtig. Hier versuche ich darauf zu achten, dass der junge Mensch adäquate Ansprechpartner vorfindet: Identifikationsfiguren, aber auch Personen, an deren Ausrichtung er Rollen abarbeiten kann, die sein Leben bestimmen.

Komme ich schließlich zu dem Ergebnis, dass wir dem Jugendlichen eine qualitative Hilfestellung bieten können, so leite ich die Unterlagen an die jeweilige Gruppe weiter. Diese vereinbart dann mit dem Jugendamt einen Termin, an dem alle Beteiligten teilnehmen. Während dieses Treffens stellen sämtliche Parteien ihre Angebote bzw. ihre Anfragen und Problematiken vor. Jeder gewinnt einen detaillierten Eindruck vom anderen und danach wird eine Bedenkzeit vereinbart. In der nächsten Teamsitzung beraten wir dann darüber, ob wir uns eine Zusammenarbeit mit dem Jugendlichen vorstellen können, und teilen dies dem Jugendamt zeitnah mit. Der Jugendliche selbst fällt dann die Entscheidung für die Möwe oder für einen anderen Träger.

Kommt es zur Zusammenarbeit, so wird zum Aufnahmedatum des Jugendlichen in einem Hilfeplan festgelegt, wie mit den aufgetretenen Problemen umgegangen werden soll. Ziele wer­den definiert und ein zeitlicher Rahmen festgelegt, in dem Zielerreichung bzw. eintretender Fortschritt überprüft werden. Der Hilfeplan wird immer an den jeweiligen Entwicklungsstand des betreffenden Jugendlichen angepasst.

Die Verweildauer der Jugendlichen bei der Möwe ist hierbei individuell. Sollte nach erfolgter Verselbständigung weiterer Aktionsbedarf bestehen, so werden die Jugendlichen, falls gewünscht, weiter betreut. Hierfür wird dann erneut ein gemeinsamer Hilfeplan erstellt.

Die Möwe betreibt eine „innengeleitete“ Wohngruppen, eine „Verselbständigungswohngruppe“ sowie mehrere Wohnungen für „sonstige betreute Wohnformen“. Unsere praktische sozialpädagogische Arbeit hat ein vorrangiges Ziel: Wir wollen Kinder und Jugendliche in die Lage versetzen, ein eigenständiges und sinnerfülltes Leben zu führen.